Kinder entdecken die Welt – am liebsten durch eigenes Forschen

Krems/Baden (pts011/01.06.2017/09:00) – Lehrende und Studierende aus fünf Ländern diskutieren diese Woche ihre Ansätze zum forschungsbasierten Lernen am Campus Melk. In der Theorie des „Inquiry based Learning“ geht es weg von der lehrerzentrierten Wissensvermittlung hin zum entdeckenden Lernen.

„Kinder wollen sich die Welt aneignen, wollen wissen, warum der Himmel blau ist, ob Tiere denken und fühlen können, warum es regnet, warum Blumen wachsen, wieso mal Tag, mal Nacht ist. Kinder fragen nach dem Warum und dem Woher. Kinder, die keine Fragen stellen, gähnen mehr als sie leuchten.“ In seinen Grußworten zur „Internationalen Woche“ der Pädagogischen Hochschule am Campus Krems geht Rektor Erwin Rauscher der Idee des forschungsbasierten Lernens auf den Grund. „Nicht die Antworten, sondern die Fragen werden zur sprachlichen Form, um einen Erkenntnisprozess in Gang zu setzen.“

Eigenes Forschen motiviert

Wie sich diese Idee eines entdeckenden, forschungsbasierten Lernens im Unterricht umsetzen lässt, darüber diskutieren noch bis Freitag mehr als 20 Teilnehmer/innen aus Österreich, Ungarn, den Niederlanden, Spanien und den USA. Zum Auftakt am Montag stellt Meghan Marrero vom Mercy College in New York ihre Ideen vor, wie Schüler etwa mit wissenschaftlich erhobenem Datenmaterial über den Ozean arbeiten können. Umwelterziehung sei leider bis heute im Schulunterricht marginalisiert, so Marrero. Wenn Kinder aber mit vorhandenem Datenmaterial selbst darüber forschen dürfen, dann sind sie sehr motiviert für eine Auseinandersetzung mit diesem Thema.

Rollenwechsel für Lehrende ist notwendig

Beim Besuch der internationalen Gruppe am Institute of Science and Technology Austria (IST) in Klosterneuburg taucht Suzanne Kapelari vom Institut für Fachdidaktik an der Universität Innsbruck noch tiefer in die Grundlagen des forschungsbasierten Lernens ein. Zwar gebe es dafür kein allgemeingültiges Rezept, doch gelte es, von einer stark lehrerzentrierten Wissensvermittlung hin zu einem auf den Fragen der Schüler/innen basierenden, forschenden Lernen zu kommen. Bereits in der Lehrerausbildung müsse der damit einhergehende Rollenwechsel der Lehrperson vermittelt werden. Im Sinne des forschungsbasierten Lernens sollen Lehrer/innen nicht selbst Fragen und die Antworten darauf vorgeben, sondern die Kinder unterstützen beim Formulieren von Fragen und dem eigenen Finden von Antworten darauf. „Guided inquiry“, also begleitetes Fragen, nennt Kapelari diesen Ansatz.

Forschendes Lernen unterstützt wichtige Kompetenzen für das 21. Jahrhundert

Christian Bertsch von der Pädagogischen Hochschule Wien unternimmt in seinem Referat einen genauen Blick auf den Sachunterricht der Primarstufe. Und startet mit einer eher ernüchternden Analyse: Seinen Untersuchungen zufolge sind noch immer knapp 80% der Beispiele für Versuchsanleitungen in Schulbüchern wie ein Kochrezept aufgebaut. Anstatt also die Schüler/innen zur Formulierung einer Forschungsfrage und der Entwicklung von Versuchen zu diesem Thema anzuregen, werden sie – wie in einem Kochrezept – Schritt für Schritt angeleitet, eine streng vorgegebene Versuchsanleitung möglichst genau umzusetzen. Mit dieser Form des Lehrens könne es jedoch nicht gelingen, die Lernenden in der Entwicklung der oft zitierten „21st-Century-Skills“ zu unterstützen. Fragenbasiertes, forschungsgeleitetes Lernen jedoch fördere eindeutig das kreative Problemlösen, die kritische Reflexion von Informationen, Zusammenarbeit oder die Unterscheidung von Fakten und Meinungen. Also jener Kompetenzen, die in der heutigen Wissensgesellschaft sehr gefragt sind.

Treffen zur Vernetzung

Die Teilnehmer/innen der Internationalen Woche nützen das Zusammentreffen in Melk aber nicht nur zur inhaltlichen Fortbildung, sondern auch zur Vernetzung. Die beiden Lehramtsstudierenden Martyn van Heerden und Kaylee Jangewaard von der Inholland University in Haarlem etwa wollen zusammen mit weiteren sieben Kolleg/innen ihres Jahrganges die Unterschiede der Lehrerbildung in Österreich und ihrer Heimat Niederlande erfahren. Zusanna Szilvási von der Kaposvár University in Ungarn war bereits öfter bei der jährlich stattfindenden Internationalen Woche der PH NÖ mit dabei: „Ich schätze den Erfahrungsaustausch unter Kolleg/innen und möchte diese Woche weitere Kontakte aufbauen und vielleicht die eine oder andere neue Kooperation anbahnen.“

Organisiert wird die jährlich stattfindende Internationale Woche durch das „International Office“ an der PH NÖ. Neben den Fachvorträgen sorgen Prof. Kurt Allabauer und sein Team jeweils auch für ein kulturelles Rahmenprogramm. Dieses Jahr steht ein Ausflug in die Wachau auf dem Programm.

Weitere Infos zur Internationalen Woche an der PH NÖ: https://www.ph-noe.ac.at/de/international/programmes/international-week.html

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Aussender: Pädagogische Hochschule Niederösterreich Ansprechpartner: Walter Fikisz Tel.: +43 650 4721023 E-Mail: walter.fikisz@ph-noe.ac.at Website: www.ph-noe.ac.at