Innsbruck (OTS) – Was wollen und brauchen Patienten, was können und sollen Ärztinnen leisten und warum ist für die Kammer das Thema Primärversorgungseinheiten (PVE) so schwierig? Weil wir in Österreich sind. Wenn es Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) tatsächlich gelingt, die Zahl der Primärversorgungseinheiten im Land zu verdreifachen, dann wird es 2025 in Tirol weiterhin keine geben, denn drei mal null ergibt … Schon klar, so war die Ankündigung nicht gemeint. Sondern als großer Wurf und Strukturreform, denn das bestehende System ist längst an seinen Grenzen angelangt. Überlaufene oder überhaupt unbesetzte Kassenordinationen in der Kombination mit vollen Spitalsambulanzen dürfen kein Dauerzustand sein. Und das Modell der Primärversorgungseinheiten (PVE) ist attraktiv – zumindest für die Patienten. Denen ist es nämlich egal, ob am Türschild „Ordination“ oder „PVE“ steht. Ihnen geht es darum, von der richtigen Person gut versorgt zu werden. Und das innerhalb möglichst umfangreicher Öffnungszeiten. Wenn dann neben mehreren Allgemeinmedizinern vielleicht noch ein diplomierter Wundpfleger an Bord ist und eine Physiotherapeutin, dann geht das Ganze in Richtung Rundumversorgung, gegen die kaum jemand etwas haben kann. Hier kommt die Ärztekammer ins Spiel. Die kann sich nämlich nicht wahnsinnig für Primärversorgungseinheiten erwärmen – so wie bereits früher schon nicht für Ambulatorien. Die Gründe dafür sind komplex und auch ein bisschen österreichisch. Denn es geht natürlich um ein gewisses Standesbewusstsein, um das Selbstverständnis des Berufs und um Besitzstandswahrung. „Ich und meine Ordi“, das ist das alte Modell. Das neue sieht Ärzte mehr als Unternehmer/Teamplayer und öffnet sich nun auch in Richtung anderer Gesundheitsberufe. Die Ärztekammer, der ein Blockierer-Image anhaftet (was sie selbst naturgemäß nicht so sieht), soll dagegen kein Veto mehr einlegen können. Was ist für sie so problematisch? Die Ärztekammer vertritt die Interessen der Ärzteschaft. Diese ist – was sich in der Kurienorganisation widerspiegelt – aber alles andere als homogen. Somit hat die Kammer an sich keine einheitlichen Interessen, denn sie muss als eine Art Gewerkschaft für angestellte Ärzte auftreten, aber auch als Lobbyist für Einzelunternehmer. Und die Wahlärzte haben innerhalb der Ärztekammer eine starke Vertretung. Dazu kommt das Generationenthema bei den Funktionären, die eher älter sind. Für Berufseinsteiger kann (nicht muss!) eine PVE aber genau das Richtige sein. Was auch ehrlich gesagt werden sollte: Die neuen PVE bieten strukturell eine Chance zur Weiterentwicklung, sind aber keine Wunderwaffe. Denn das brennende Thema Personalmangel wird damit weder angegangen noch gelöst.
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