Dialogforum Bau Österreich: Wenn eins und eins nicht zwei ergibt oder Normen sich spießen

Wien (pts012/20.09.2018/12:15) – Sinn von Standards ist es, dass eins zum anderen passt, Anforderungen vergleichbar werden und Qualität für den Konsumenten sichergestellt wird. Wendete aber eine Baufirma bei einem Fenstereinbau die Maßordnung der ÖNORM B 5320 an, so kamen für das Maßband andere Zahlen heraus, als wenn man sich an der ÖNORM-Reihe B 6400 für Außenwand-Wärmedämm-Verbundsysteme orientierte. Das ist fast so, als wenn eins und eins nicht zwei ergibt. Zur Sprache kam dieses Problem zusammen mit etlichen anderen vor zwei Jahren beim „Dialogforum Bau Österreich – gemeinsam für klare und einfache Bauregeln“. Einige Widersprüche in den ÖNORMEN wurden inzwischen aufgelöst.

Insgesamt wurden 74 Verbesserungsvorschläge aufgegriffen. Weitere konkrete Verbesserungen von Baustandards wurden etwa bei den Absturzsicherungen am Dach erzielt, geregelt in ÖNORM B 3417. Der Standard stand im Spannungsverhältnis zwischen Arbeitssicherheit und manchmal teuren Mindestanforderungen. In der Kritik stand auch die ÖNORM B 8110-3 zur Vermeidung sommerlicher Überwärmung von Gebäuden. Sie war auch dann anzuwenden, wenn ohnehin schon ein Sonnenschutz bestand. Die ÖNORM wird zurzeit überarbeitet und die Berechnungsmethode zur Feststellung der sommerlichen Überwärmung angepasst.

Rahmenbedingungen für Planen und Bauen vereinfachen

Austrian Standards und die Bundesinnung Bau bleiben nun konsequent an der Umsetzung des Ziels, Baunormen weiter zu deregulieren und die Rahmenbedingungen für das Planen und Bauen zu vereinfachen. 2016 und 2017 erarbeiteten rund 400 Personen und Organisationen im Rahmen des Dialogforums Bau Österreich konkrete Vorschläge, um Kosten zu senken, Planungssicherheit zu verbessern, Innovationen zu fördern und Haftungsrisiken zu reduzieren. „Die Bundesinnung Bau will mit Austrian Standards die erfolgreiche Initiative strukturiert weiterführen, um unter breiter Einbindung von Fachleuten systematisch an Verbesserungen zu arbeiten“, so Austrian-Standards-Ehrenmitglied Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel von der Bundesinnung Bau der WKÖ. Die Fachleute kommen aus Planung und Ausführung, Verwaltung, Forschung und Lehre und auch aus Industrie und von Interessensverbänden.

„Bestes Beispiel für Deregulierung“

Die Agenden des bisherigen Lenkungsausschusses wurden in den Ausschuss für Bauregeln übergeführt, der beim Präsidialrat von Austrian Standards angesiedelt ist und sich am 20. September 2018 unter dem Vorsitz von Dipl.-Ing. Dr. Rainer Pawlik, Landesinnungsmeister Bau Wien, konstituiert hat. Damit wird der Erfolg des Dialogforums Bau, das der frühere Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl als „bestes Beispiel für Deregulierung“ bezeichnete, langfristig sichergestellt. Der Ausschuss für Bauregeln wird die Umsetzung der Ergebnisse prüfen, und er wird evaluieren, in welchem Umfang sich österreichische Interessenträger an der europäischen Baunormung künftig beteiligen sollen, zumal heute 94 % der gültigen ÖNORMEN europäischen Ursprungs sind. Weiters wird der Ausschuss für Bauregeln die Entwicklung und Anwendung von Baunormen und damit unmittelbar zusammenhängender rechtlicher Rahmenbedingungen (z. B. Bauprodukteverordnung) bewerten. In einem neuartigen, für allen offenen Prozess wird es auch weiterhin allen beteiligten Fachleuten ermöglicht, Praxiserfahrungen und konkrete Verbesserungen direkt einzubringen.

Seit Mai 2017 wird an der Umsetzung der im Dialogforum entwickelten Lösungsansätze gearbeitet. Dabei haben sich fünf Handlungsfelder herausentwickelt. Noch stärker will man dazu einladen, Feedback zu Normen zu geben, Praxiserfahrungen einzubringen und permanent an der systematischen Weiterentwicklung der Standardisierung und an der horizontalen Abstimmung bei parallel entwickelten Standards weiterarbeiten. Weiters will man erreichen, dass sich Länder und Bund mit dem Zusammenspiel der baurelevanten Gesetze und Verordnungen und deren Verknüpfung mit freiwilligen Baustandards befassen und sich das Parlament Fragen der Rechtssicherheit im Hinblick auf die mögliche Pflicht zur Anpassung an den Stand der Technik stellt.

Weitere Informationen zum „Dialogforum Bau Österreich – gemeinsam für klare und einfache Bauregeln“: http://www.dialogforumbau.at

Erste Jahrestagung für Baurecht und Baustandards am 28. November

Am 28. November 2018 findet die „Jahrestagung 2018 für Baurecht und Baustandards“ bei Austrian Standards statt. Die Veranstaltung in Kooperation mit der Geschäftsstelle Bau der Wirtschaftskammer – Motto „Aktuelle Problemstellungen und Lösungsansätze; zwischen Baustelle, Regelsumpf und Tribunal?“ – bietet Gelegenheit für eine konstruktive Auseinandersetzung mit grundlegenden und zugleich konkreten Fragen rund um unterschiedliche Bauregelungen und deren Auswirkungen. Unter anderem geht es um „Was ist alles ‚Baurecht‘ – Grenzen der Gesetzgebung“ (Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek, Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht, WU Wien), „Der Stand der Technik im Verfassungsrecht – Wie viel muss/kann der Gesetzgeber determinieren?“ (Univ.Prof. Dr. Barbara Leitl-Staudinger, Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Johannes-Kepler-Universität Linz) und „Aktuelle Herausforderungen aus der Bauherrensicht“ (RA Dr. Georg Karasek). Weitere heiße Eisen: „Bedürfnisse, Probleme und Chancen der am Bau beteiligten Akteure“ (Dipl.-Ing. Dr. Rainer Pawlik, Wiener Landesinnungsmeister Bau) und „Ausnahmeregelungen für Denkmale“ (Mag. Astrid Huber-Reichl und Dr. Bernd Euler-Rolle, Bundesdenkmalamt).

Weitere Informationen und Anmeldung für die kostenlose Teilnahme: https://www.austrian-standards.at/jahrestagungbau

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Aussender: Austrian Standards International – Standardisierung und Innovation Ansprechpartner: Dr. Johannes Stern Tel.: +43 1 21300-317 E-Mail: j.stern@austrian-standards.at Website: www.austrian-standards.at