Innsbruck (OTS) – Trotz der zahlreichen und für viele existenzbedrohenden Krisen ist die ÖVP mit sich befasst. Soll Karl Nehammer gehen? Soll er bleiben? Selbstbeschäftigung von Parteien ist das Letzte, das besorgte Bürger jetzt wollen. Eine einst staatstragende Partei befindet sich in miserablem Zustand. In Umfragen werden der ÖVP nur noch 20 Prozent Zuspruch bescheinigt; damit ist sie auf Platz 3. Sie steht schlechter da als unter der Führung von Reinhold Mitterlehner. Die Werte für ihn und die Gesinnungsgemeinschaft führten, mitorchestriert vom damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka, zum Putsch, der Sebastian Kurz an die Spitze brachte. Wohin der „neue Stil“ geführt hat, ist bekannt und dokumentiert. Nun beschäftigen sich ÖVPler erneut damit, wie die Lage der Partei verbessert werden könnte. Landtagswahlen stehen an; die erste ist in Tirol, bereits am 25. September. Landeshauptmann Günther Platter hat erkannt, dass es da für ihn und die Seinen nichts zu gewinnen geben wird. Er hat die Sache Anton Mattle überantwortet. Für den schaut es schlecht aus. Aus jetziger Sicht droht ein Verlust von 15 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2018; damals kam seine Partei auf 44,3 Prozent. Schon jetzt werden die ÖVP-Akteure im Bund als jene ausgemacht, die Landesparteien runterziehen. Auch wenn sich die Polit-Konkurrenten ob des Zustands der ÖVP freuen: Gut für das Land ist er nicht. Die Selbstbeschäftigung von Parteien, noch dazu einer Kanzlertruppe, ist das Letzte, das Bürger jetzt wollen. Soll Nehammer vor der Tirol-Wahl gehen? Oder muss er das nach dieser ohnehin – auch weil die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, deren Partei sich im Frühjahr dem Wähler-Votum stellen muss, nichts Negatives aus dem Kanzleramt haben will? Soll einer der ÖVP-Minister – Karoline Edtstadler, Martin Kocher oder Markus Brunner – Nehammer folgen? Was wäre das Beste für die Partei? Wer kann den Gegnern öffentlich am ehesten Paroli bieten? Planspiele wie diese interessieren lediglich Polit-Feinspitze. Abgesehen davon, dass ein erneuter Wechsel des Regierungschefs das Eingeständnis auch für das personelle Versagen der ÖVP wäre – der Kanzlerposten ist ein verantwortungsvoller, für den man legitimiert sein sollte, nicht einer, den man nach Belieben weitergibt: In Zeiten wie diesen Energie in die eigenen Befindlichkeiten zu stecken, goutiert abseits von Hardcore-Parteigängern niemand. Die ganze Kraft ist in die Bewältigung, zumindest die Abmilderung der Folgen der Krisen – von Corona bis zur Teuerung – zu stecken. Es geht um Existenzen von Menschen, nicht um das Wohl von Parteien und um Posten hochbezahlter Spitzenfunktionäre, auch nicht um das des Koalitionspartners, der Grünen. Wird das nicht endlich kapiert, geht die vormals staatstragende ÖVP als staatsschädigend in die neuere Geschichte ein.
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