Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 17. Februar 2023. Von Peter Nindler: „Hopp oder dropp bei Transparenz“.

Innsbruck (OTS) – In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob die schwarz-rote Landesregierung in alte großkoalitionäre Muster zurückfällt oder Mut zu Klarheit und Transparenz hat. Die Neue Heimat und die Lebensraum Holding sind Wegweiser dafür. Eines hat die Debatte über die Corona-Förderungen für gemeinnützige Institutionen jedenfalls ausgelöst: Es wird über Transparenz, die Millionen-Verteilung nach dem Gießkannenprinzip, die Sinnhaftigkeit einzelner Unterstützungen und über Vereine im langen Schatten von Parteien diskutiert. Der Tiroler ÖVP-Bauernbund sieht seine 120 Vereine zwar nach wie vor als Opfer, weil sie mehr als 800.000 Euro zurückzahlen müssen. Gleichzeitig kommt es mit den angekündigten Statutenänderungen zu einer klaren Trennung von den ÖVP-Bauern. Was an der Basis der Jungbauern/Landjugend vielfach längst gelebt und lediglich von einigen übereifrigen Funktionären „schwarz“ gefärbt wird, erhält jetzt endlich den Stempel der Unabhängigkeit. Lieber spät als gar nicht. Transparenz ist auch das Zauberwort für die schwarz-rote Landesregierung. ÖVP und SPÖ müssen ihre Entscheidungen nachvollziehbar machen, insbesondere bei den anstehenden Postenbesetzungen und generell in landesnahen Unternehmen. Mit der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Neue Heimat und der Lebensraum Tirol Holding sind Landeshauptmann Toni Mattle (VP) sowie sein Vize Georg Dornauer in den nächsten Wochen gefordert. Vielleicht haben sie sich ja schon bei der heute zu Ende gehenden Regierungsklausur im Pitztal ausgemalt, was es bedeuten würde, wenn der ehemalige Landesrat Johannes Tratter (ÖVP) Nachfolger des seinerzeitigen SPÖ-Landeshauptmannstellvertreters Hannes Gschwentner in der Neuen Heimat wird? Allein die Analogie spricht Bände. Dabei geht es nicht um Qualifikationen, sondern um eine zeitliche Abkühlungsphase für ehemalige Spitzenpolitiker im Zusammenhang mit Top-Jobs in öffentlichen Betrieben bzw. Unternehmen, an denen das Land Tirol beteiligt ist. Fällt Schwarz-Rot hingegen in alte „großkoalitionäre“ Bestellungsmuster zurück, dann hat die Landesregierung ihre Transparenz-Lektion nicht gelernt. Der Vertrauensverlust mit anhaltender Kritik wird ein großer sein. Mattle und Dornauer könnten noch so zielgerichtet regieren, geredet wird nur noch über die Neue Heimat. Klarheit benötigt es genauso bei der Lebensraum Holding, Reformen sind dort überfällig. Wofür steht die Dachgesellschaft von Tirol Werbung, Standortagentur und Agrarmarketing mit einem Budget von heuer 33,4 Mio. Euro eigentlich? Bleibt es nur bei organisatorischer und inhaltlicher Kosmetik, würde Mattle nahtlos an seinen Vorgänger Günther Platter anknüpfen. Der hielt stets einen Schutzschirm über den Lebensraum. Für Transparenz und Klarheit braucht es politischen Mut. Hoffentlich war Courage auch Thema der Regierungsklausur.

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