Innsbruck (OTS) – Das Befürchtete nimmt leider immer konkretere Züge an: Bei der Herbstlohnrunde droht der Konflikt um Lohnerhöhungen in einer Streikwelle zu eskalieren. Österreichs viel gerühmte Sozialpartnerschaft stellt sich selbst in Frage. Schwierige Lohnrunden waren schon oft prognostiziert worden, ein heißer Herbst ebenso. Wochenlanges Vorgetöse bei der wegen ihrer Signalwirkung stets groß beachteten Metaller-Lohnrunde gehörte ebenso zum längst hinterfragenswerten Ritual wie mehrere Marathon-Verhandlungsrunden – ehe man sich dann in einer meist vierten oder fünften Runde in tiefster Nacht auf Erhöhungen einigte, die erfahrene Beobachter wohl ohnehin fast auf den Zehntel-Prozentpunkt vorausgesagt hätten. Diese Lohnrunde ist aber wohl tatsächlich die schwierigste seit Jahrzehnten. Das liegt am höchst explosiven Cocktail aus einer zwar zuletzt etwas gesunkenen, aber noch immer viel zu hohen Teuerung und gleichzeitig einem massiven Konjunktureinbruch. Österreich steckt momentan in einer Rezession mit der Aussicht auf nur leichte Besserung im nächsten Jahr. Aus Gewerkschafts-Sicht ist das Drängen auf einen möglichst hohen Abschluss ebenso verständlich wie die gleichzeitige Warnung der Wirtschaft vor einer neuen Kostenlawine. Sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte sind nicht Schuldige, sondern Opfer der Teuerung. Das Problem: Europa hat im Vergleich zu Asien und Amerika im Vorjahr wegen der Energie-Turbulenzen als Folge des Ukraine-Kriegs weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren, und das im Inflations-Spitzenfeld liegende Österreich noch um einiges mehr. Auch wenn es viele vielleicht nicht gerne hören wollen: Wohlstand ist nicht selbstverständlich und Geld wächst auch nicht auf den Bäumen, sondern muss im internationalen Wettlauf stets neu erarbeitet werden. Auch wenn gerade der Staat seit Corona mit riesigen Milliarden-Paketen so tat, als wäre es nicht so. Gerade in einer solchen Umbruchszeit, da vieles in Frage steht, wäre eine funktionierende Sozialpartnerschaft gefordert, zusammenzustehen und auch einmal unkonventionelle Lösungen zu finden. Wie zu Beginn der Corona-Krise 2020, als man eine Blitz-Einigung gleich in der ersten Verhandlungsrunde hingelegt hat. Früher wurde die Sozialpartnerschaft als Aushängeschild und Mit-Garant des österreichischen Nachkriegs-Wirtschaftswunders oft gelobt. Vielfach auch zu Recht. Da gab es anfangs schwere Zeiten und dann eine lange Zeit des Aufteilens von jährlichen Zugewinnen. Jetzt droht das Gegenteil, das Bröckeln des Wohlstands. Sind die Sozialpartner auch dafür gewappnet? Der frühere ÖVP-Finanzminister Hans-Jörg Schelling hat schon vor Jahren gesagt: „Die Sozialpartnerschaft ist tot. Sie weiß es nur noch nicht.“ Dass sie sich als Problemlöserin zumindest in eine schwere Krise manövriert hat, wurde in diesen Tagen augenscheinlich.
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